Mia Bernoulli
1868–1963
1903, im Alter von 26 Jahren, verliebt sich Hermann Hesse in Basel in die neun Jahre ältere Maria Bernoulli, die als erste Frau in der Schweiz- als selbständige Fotografin ein Atelier in der Altstadt betreibt und zudem eine begabte Musikerin ist. Die beiden unternehmen zusammen Reisen und bewegen sich in den Künstlerkreisen Basels. Kurz vor der Heirat im Jahre 1904 schreibt Hesse an einen Freund über Mia, diese sei eine Frau, die ihm «an Bildung, Lebenserfahrung und Intelligenz mindestens ebenbürtig, älter als ich und in jeder Hinsicht eine selbständige, tüchtige Persönlichkeit» sei. Nach der Hochzeit lässt sich das Paar in Gaienhofen am Bodensee nieder, wo 1905, 1909 und 1911 die Söhne Bruno, Heiner und Martin zur Welt kommen.
Mia, die schon immer ein nach innen gewandter Mensch war, zieht sich zunehmend in sich selbst zurück, in dem gleichen Masse wie ihr Mann aus der vermeintlichen Kleinfamilien-Idylle durch Reisen und durch die Arbeit flüchtet. 1912 übersiedelt die Familie nach Bern.
Der mittlere Sohn Heiner (1909–2003) erinnerte sich im hohen Alter an seine Mutter aus der Berner Zeit als eine lebenslustige Person, die viel mit den Kindern in der Natur wanderte, Bergtouren mit ihnen machte und Schwimmausflüge unternahm. 1918 beschliesst das Ehepaar, sich zu trennen. Etwa zeitgleich macht sich eine psychische Krankheit bei Mia bemerkbar, die sich so weit entwickelt, dass Mia 1919 in eine psychiatrische Anstalt eingeliefert werden muss. Im Jahre 1919 trennt sich das Paar endgültig.
In dem Märchen Iris, das Hesse nach der Trennung schreibt und Mia widmet, heisst es:
»Am liebsten lebte sie, mit Blumen und Musik und etwa einem Buch um sich, in einsamer Stille […] Manchmal war sie so zart und empfindlich, dass alles Fremde ihr weh tat und sie leicht zum Weinen brachte. […] Dann wieder strahlte sie so still und fein in einem einsamen Glück, und wer es sah, der fühlte, wie schwer es sei, dieser schönen und seltsamen Frau etwas zu geben und etwas für sie zu bedeuten.«
Nachdem Mia die psychische Krise überwunden hat, organisiert sie die Auflösung des Haushaltes in Bern und ihren Umzug nach Ascona. Im Alter lebt sie zunächst bei ihrem Sohn Martin in Bern und später in einem Altersheim, wo sie mit 95 Jahren stirbt. Bis zum Schluss ist Mia vielseitig interessiert und widmet sich ihrem geliebten Klavierspiel.